Alles auf Content
So navigieren Sie durch die chaotische Kommunikationslandschaft und sprechen zielgenau Ihre Kund:innen an – ein Denkanstoß.
Dienstag, 21. Januar 2025
Kommunikation mit der Zielgruppe Eltern wird zunehmend kompliziert. Soll die Story auf Tik-Tok oder ist die News als Radiobeitrag besser geeignet? Ist Gruner + Jahr schon umgezogen und welche Magazine gibt es da noch? Ist die Anfrage der neuen Influencerin brauchbar und wer hat dafür das Budget? Und warum erzählt die Marketing-Abteilung eine ganz andere Geschichte als der CEO in seinem LinkedIn Post?
Wem dieses Durcheinander bekannt vorkommt: So geht es aktuell sehr vielen Unternehmen. Wir befinden uns in einem fundamentalen Umbruch, der sich stark auf die Arbeit der Kommunikationsabteilungen auswirkt. Die Variablen, mit denen in der Kommunikation gearbeitet wird, sind zwar immer noch die altbekannten: Ziele, Zielgruppen, Budget, Botschaften, Content, Kanäle und Ergebnismessung. Neu und herausfordernd ist eine Fragmentierung bei Publikum, Kanälen, Sendern und Multiplikator*innen. Zudem führt die Digitalisierung zu einem veränderten Medienverhalten und zu einer Konsolidierung der Verlagslandschaft. Nichts ist konstant, überall wird es kleinteilig und unübersichtlicher. Bis dato planen und arbeiten die Abteilungen vorwiegend getrennt voneinander: PR, Marketing und Social Media. Jede für sich, jede in ihrem Silo. Die beschriebenen Entwicklungen erfordern aber einen neuen Ansatz.
Kanäle und Multiplikator*innen: Es wird kleinteiliger und digital
Die Medienlandschaft ändert sich durch die Digitalisierung grundlegend: Von den ehemals beliebten Elternmagazinen sind nur noch eine Handvoll auf dem Markt, gleichzeitig kommen immer neue Medien dazu: Influencer*innen, Online-Portale, Social Media Accounts, Podcasts und so weiter. Mit der Folge, dass die Meinungsbildenden, die für Unternehmen als Sprachrohr zur Zielgruppe relevant sind, immer diverser und kleinteiliger werden. Früher war eine gute Beziehung zur Gruner + Jahr Redaktion Garant für eine große Reichweite. Heute jongliert man mit Hunderten Influencer*innen und wechselnden Multiplikator*innen. Die Verlage, die gestern noch verlässliche Partner für Earned-Content waren, setzen heute auf Clickbait und ignorieren Unternehmens-Geschichten – Pressemitteilungen und redaktioneller Content sind kaum noch unterzubringen.
Auf der anderen Seite sind Unternehmen heute deutlich weniger von der Gunst der Journalist*innen abhängig. Content können sie selbst auf ihren Owned-Kanälen wie Social Media Accounts, Newsletter, Websites veröffentlichen. Zudem ist es einfach, Inhalte über bezahlte Kanäle sehr zielgruppengenau und digital zu streuen. Damit werden Maßnahmen messbarer.
Eltern und Kindern informieren sich anders als früher
Wer mit Eltern und Kindern kommunizieren möchte, fragt sich: Wo finden wir diese Zielgruppe überhaupt noch?
Eltern sind zunehmend digital, mobil und interaktiv unterwegs. Sie mögen es schneller, persönlicher und tauschen sich lieber mit Gleichgesinnten aus. Neben Plattformen wie YouTube und Instagram spielen auch spezialisierte Social Media Gruppen und Foren eine große Rolle. Ratgeber, WhatsApp-Kanäle, Blogs und Videos von Expert*innen oder anderen Eltern, die authentisch und glaubwürdig wirken, sind besonders gefragt. Zudem nutzen Eltern KI-basierte Technologien wie Chatbots, digitale Assistenten und intelligente Suchsysteme.
Noch extremer hat sich das Informationsverhalten von Kindern gewandelt. Es ist dynamischer, digitaler und interaktiver. Kinder sind heute sowohl Konsumenten als auch aktive Gestalter*innen von Inhalten. Bereits 40 Prozent der unter Sechsjährigen nutzen soziale Medien – allen voran YouTube, vor allem für Videos oder Spiele. Ältere Kinder (zehn bis 14 Jahre) suchen über soziale Medien gezielt Informationen zu Produkten, Hobbys, Schule und Nachrichten. Kinder lieben visuelle und auditive Inhalte, aber Interesse an Zeitschriften und Comics haben sie nach wie vor. Sie bevorzugen kurze, prägnante Inhalte, die sofortige Antworten liefern – gerne auch von Sprachassistenten wie Alexa.
Die Anforderungen an Unternehmen wandeln sich
Die Arbeitsfelder der klassischen Abteilungen Marketing, PR und Social Media lassen sich nicht mehr sauber voneinander abgrenzen. Trotzdem agieren viele Unternehmen noch in diesen Silos, die getrennte Budgets, eigene Ziele, unterschiedliche Inhalte und Erfolgskontrollen haben.
Die Folge: Oft gibt es Überschneidungen und unklare Zuständigkeiten. Zu viel Energie wird für ein und dasselbe Thema von mehreren Abteilungen aufgebracht. Es wird doppelt geplant und umgesetzt. Das frisst Kapazitäten – die aufwändige interne Abstimmung untereinander kommt noch dazu. Parallel zu diesem strukturellen Problem werden bei vielen Unternehmen die Budgets kleiner und der Ruf nach Messbarkeit größer. Kommunikation soll Sales unterstützen. Manche Pressestelle fragt sich da, wer im Unternehmen noch den Sinn und Zweck von Public Relations im Sinne von Öffentlichkeitsarbeit und Imagebildung kennt.
KI fordert heraus
Zeitgleich wird auch KI immer wichtiger und gehört ganz nach oben auf die Unternehmensagenda – vor allem in der Kommunikation. Doch im stressigen Alltag geht das Thema oft unter, obwohl KI gerade bei der Planung und Umsetzung von Kampagnen vieles revolutionieren und vereinfachen kann.
Und nun?
Jetzt heißt es neue Wege finden und sich den geänderten Anforderungen stellen. Dabei kann man immer vor Augen behalten: Bei ihrer Zielgruppe punkten Unternehmen, die gut orchestrierten Content ausspielen und diesen in allen relevanten Kanälen zielgenau einsetzen. Denn Multiplikator*innen interessieren sich nicht nur für Produkt A, B und C im Einzelnen, sondern gerade auch für die großen Geschichten, die die Produkte nützlich, spannend und relevant machen.
Ein neuer Weg: zusammen Geschichten erzählen
Die Abteilungen sollten bewusst über Silo-Grenzen hinweg zusammenarbeiten und sich auf den Content konzentrieren. Bis zu einem bestimmten Punkt sind sie ein großes Team und denken nicht in Marketing, PR oder Social Media. Eine Idee, die auch beim Newsroom-Konzept im Vordergrund steht.
Idealerweise könnten die Kommunikator*innen dabei wie folgt vorgehen:
Schritt 1: Budgetplanung. Die Mittel werden nach Kommunikations-Zielen verteilt. Je nach strategischen Schwerpunkten wird das Budget Content-Bereichen zugewiesen. Also nicht pro Abteilung, sondern pro Thema. Das können Produktlinien, Kernbotschaften, Nachhaltigkeitsmaßnahmen, Corporate-Aktivitäten oder ähnliches sein.
Schritt 2: Content-Strategie und -Kreation. Gemeinsam wird festgelegt, welche Botschaften und Geschichten erzählt werden. Wichtig ist, den Content mit dem großen Gesamtblick zu planen und dann auf die Haupt- und Unter-Zielgruppen anzupassen. Denn je spezifischer die Inhalte für die einzelnen Zielgruppen zugeschnitten sind, desto überzeugender wirken sie.
Schritt 3: Kanäle definieren. Wenn der Content feststeht, kommen die Kanäle an die Reihe. Jetzt wird entschieden, wie das vorhandene Budget jedes einzelnen Content-Bereichs am besten eingesetzt wird. Ob und wie das Thema für Earned-, Owned- und Paid-Medien geeignet ist und über welche Kanäle die Zielgruppen-Segmente gut erreicht werden können.
Nun können die Abteilungen wieder ihre bekannte Arbeit aufnehmen und in die Umsetzung gehen. Spätestens jetzt ist der Einsatz von KI sehr hilfreich, um Assets zu erstellen und Inhalte zielgruppenspezifisch anzupassen.
Für die Erfolgsmessung ist es sinnvoll, zu Beginn der Planung jedes Ziel mit KPIs zu hinterlegen. Geht es um den Verkauf, um Bekanntheit, um Agenda Setting allgemein? Content kann mehrere Ziele verfolgen und muss dazu individualisiert aufbereitet werden.
Herausfordernd an dem neuen Ansatz ist es, die Abteilungs-Silos in der Planungsphase bewusst zu verlassen. Der Inhalt mit seinen Botschaften steht über allem und kann im großen Team gestaltet werden. Bei der Streuung des Contents in die Kanäle kann dann wieder jede Abteilung ihre Stärken und Erfahrungen ins Spiel bringen – allerdings nicht mehr als Einzelkämpfer, sondern im Sinne des großen Contents.
Diese Herangehensweise auszuprobieren, lohnt sich. Was Unternehmen können: Sie haben Branchen-Expertise, Produktkenntnis, das fachliche Handwerkszeug und tiefe Einblicke ins Unternehmen. Agenturen haben den Blick von außen, können bei der Content-Planung und der Neuaufstellung unterstützen sowie bei Asset-Erstellung und Channel-Management beraten. Jetzt ist es an der Zeit, auf die mächtigen äußeren Veränderungen zu reagieren und die Kommunikation fit für die Zukunft zu machen.
Vielen Dank an die TOYS für die Veröffentlichung des Artikels in der Ausgabe 01-2025.
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